Gehörten dem Pokalviertelfinale in der vergangenen Saison noch Erst- und Zweitligisten zu gleichen Teilen an, wodurch im zurückliegenden Frühjahr auch im Breisgau nicht nur großmütig Träumende in Richtung Finaleinzug und gar noch mehr linsten, so hält die diesjährige Spielzeit dann doch eher weniger Überraschungen bereit. Von den verbliebenen Mannschaften fand sich in der Runde der letzten Acht die Top sechs der Tabelle des Fußball-Oberhauses wieder. Zwar kann unser Sport-Club nach wie vor seine Position im vordersten Ligadrittel behaupten und doch hielt sich die Pokaleuphorie bis dato noch eher in Grenzen. Dies blieb auch zunächst weiterhin so, als die Paarung für die neunte Viertelfinalteilnahme der Vereinsgeschichte feststand: Man sollte es auswärts mit dem alljährigen Titelanwärter Nummer eins aus München zu tun bekommen.
Na, hurra. Beim Gedanken an Fußball, der kilometerweit vom Spielfeld entfernt in einem Bauwerk, das weniger einem Stadion, sondern eher einer Mehrzweckanlage gleicht, verfolgt werden kann, kommt doch wahrlich Freude auf. Führt man sich zudem auch noch die unsägliche weiß-rote Ergebnisstatistik in den Heimstätten des deutschen Abo-Meisters vor Augen (sowohl in dem im Stadtviertel zu Fröttmaning gelegenen Riesenschlauchboot als auch im altehrwürdigen Olympiastadion ging der SC stets leer aus und holte sich mitunter auch herbe Packungen ab), dann ließ auch das Gerede der besonderen Pokalgesetzte nur sehr bedingt den Glauben an die Sensation aufkommen, als man um die Mittgaszeit in Richtung Südosten der Republik aufbrach. Vielmehr ging ich davon aus, dass das schicke Naturpanorama auf der Fahrt entlang des Bodensees mal wieder das Ansehnlichste bleiben sollte, das ein Trip in die bayrische Landeshauptstadt mit sich bringt. Schließlich war man rund eineinhalb Stunden vor Spielbeginn von der A99 abgefahren und am anvisierten Parkplatz weiter oben beschriebener Arena angekommen.
Dass dem hier gastgebenden Sportverein der üppig gefüllte Trophäenschrank gerne ab und an zu Kopf steigen kann, ist hinlänglich bekannt. Nachdem über Wochen das Freizeitprogramm der Star-Kicker von weitaus höherer Bedeutung, als deren Leistungen auf dem Platz war, ließ sich die Führungsriege im blinden Aktionismus wenige Tage vor dem Duell mit dem SCF zu einem Trainerwechsel hinreißen, welcher mit einigen Störgeräuschen einherging. Ja, zuletzt zeigte sich der sogenannte „FC Hollywood“ von seiner besten Seite und machte seinem Gazetten-Beinamen aufs Neue alle Ehre. Selbiger wurde aber auch seiner Favoritenrolle gerecht, als das runde Leder ins Rollen kam und nahm die sportlichen Zügel wenig überraschend in die Hand. Nach gut 20 Minuten fiel dann auch durch eine Ecke die Führung für die roten Münchner. Sicherlich nicht unverdient, aber umso ärgerlicher aus südbadischer Sicht. Aus dem Spiel heraus wurde in der Anfangsphase kein zwingender Angriff zugelassen und das Aufstützen des Torschützen Upamecano hätte ein anderer Raumteiler von Videoschiedsrichter definitiv geahndet. Naja, wie man mit Rückständen umgeht, haben unsere Jungs in dieser Pokalsaison schon in Runde eins und zwei bewiesen und tatsächlich konnten sie auch an jenem Dienstagabend zurückschlagen. Nur wenige Minuten nach dem Gegentreffer fasste sich Höfler aus der zweiten Reihe ein Herz und traf mehr als sehenswert zum 1:1-Ausgleich, mit welchem es letztlich auch in die Katakomben gehen sollte.
Der zweite Abschnitt bot eine ähnliche Szenerie wie der zuvor abgelaufene. Der Rekord-Pokalsieger war stets bemüht seine spielerische Überlegenheit in Zählbares umzumünzen, doch dank einer konzentrierten Defensivleistung verzeichnete der Sport-Club kaum nennenswerte Torraumszenen gegen sich und die dritte Verlängerung im vierten Pokalspiel rückte minütlich immer näher. Dass diese abermals mit dem besseren Ausgang für uns verbunden sein sollte, vermochte ich mir aber ehrlicherweise nicht wirklich vorzustellen. Etwaige Spekulationen entledigten sich dann jedoch aber von selbst, als man sich mental schon auf die halbe Stunde Nachschlag eingestellt hatte. In der Nachspielzeit segelte ein letzter SC-Freistoß in des Gegners Strafraum hinein und als Höfler die zunächst geblockte Pille Volley nahm, war es auch in der letzten Ecke des Oberrangs deutlich zu erkennen: Handspiel der Hausherren, Elfmeter für Freiburg. Bis dieser schlussendlich ausgeführt wurde, verging gefühlt eine Ewigkeit, doch das sollte alles egal sein. Höler nahm sich der Sache an, schoss das Ding ansatzlos unter die Latte und das Pippi in die Augenpaare einiger Mitgereister. Sekunden später war es amtlich und das Wunder vollbracht. Es gibt eben nur einen Thomas Tuchel oder einen Europa-Höler, wie auch immer. Jedenfalls ist des Einen Wettschein tatsächlich aufgegangen, unser erster Triumph beim FC Bayern München überhaupt eingetütet und der bis hierhin winzige und quasi inexistente Pokaltraum ein ganzes Stück größer geworden. Denn auch, wenn man es in der Jubelekstase noch gar nicht richtig begreifen konnte, dass sich die Freiburger Delegation tatsächlich als Sieger vor der Gästekurve einfand, so waren doch alle Gedanken und Emotionen aus dem letztjährigen Saisonendspurt wieder zum Greifen nah. Die Überzeugung den letzten Schritt ins Endspiel, wie Mitte April im Hamburger Volkspark gehen zu können, unvergessliche Erinnerungen an den Finaltag vom 21. Mai 2022 und eben der Glaube, dass der Pokal erstmalig den Weg in die schönste Stadt der Welt finden könnte.
Voller Freude, aber auch Ungläubigkeit ging es auf die Rückfahrt, auf der sich dann aber auch die negative Seite der Fahrt durch die Bodensee-Dörfer zeigte. Bei bester Stimmung neigten sich die Vorräte an alkoholhaltigen Flüssigkeiten doch recht schnell dem Ende entgegen und das Auffüllen dieser gestaltete sich zu später Stunde am inzwischen angebrochenen Mittwoch dann doch schwieriger als erwartet. Glücklicherweise wurde man dann nach langer Suche in einer Friedrichshafener Lokalität noch einmal fündig, ehe man mitten in der Nacht die heimische Gegend erreichte.