Vom kargen, ländlich geprägten Bačka Topola in die an der Autobahn gelegene Industriehochburg zu Leverkusen. So unterschiedlich können die Ausflüge in Europapokal und Bundesliga binnen gerade einmal drei Tagen sein, die doch zumindest eine Gemeinsamkeit eint: Wären die beiden Standorte nicht mehr auf der Fußballlandkarte zu finden, würde wohl weder das vom rechtskonservativen Staatschef Ungarns finanzierte Projekt im Norden Serbiens noch das Tochterunternehmen eines börsennotierten Chemie- und Pharmakonzerns schmerzlich vermisst werden.

Ja, ausufernder Enthusiasmus war es nicht, der einem am Treffpunkt zur Abfahrt in Richtung Rheinland ins Gesicht geschrieben stand. Der zurückliegende Abstecher auf die Balkanhalbinsel mitunter noch in den Knochen und der stets im Hinterkopf präsente Gedanke an den ab Montag wieder startenden Wahnsinn außerhalb der Sport-Club-Bubble taten beim Einstimmen auf die nächste Partie, die auf 17:30 Uhr am letzten Tag der Woche angesetzt war, ihr Übriges. Aber was soll’s. Es galt mal wieder das Gaspedal auf A5 und Co. durchzudrücken, zumindest dort, wo es die Gegebenheiten zuließen. Etliche Baustellen und bisweilen starke Regenschauer machten die Anreise in Teilen zu einem zähen Unterfangen und als hätte man es gewusst, kam einem das bei der Tour-Planung etwas großzügiger angesetzte Zeitfenster zugute. Denn als sich der Szenehaufen vom Parkplatz aus in Bewegung setzte und mitgebrachtes Hab und Gut die altbekannte, penible und lästige Materialkontrolle passiert hatte, blieb gerade einmal noch eine starke halbe Stunde bis zum Anpfiff. Also die Fahnen gehisst, die Trommeln festgezurrt und gesanglich abreißen! Leider sollte sich dies über weite Teile der 90 Minuten fast ausschließlich der untere Bereich des Gästeblocks zu Herzen nehmen. Wie sowohl in der vergangenen Spielzeit zu beobachten war, scheint es auch in der laufenden Saison so zu sein, dass bei den unmittelbar auf den Europapokal folgenden Ligabegegnungen bei vielen Schaulustigen die Luft raus ist. Äußerst schade und irgendwie auch nicht nachvollziehbar, konnten doch in Serbien nicht einmal ein halbes Dutzend Hundert SC-Fans das Spiel im Stadion verfolgen.

Wie auch immer. Der Kern um die Ultragruppen machte das Beste draus und zog den Stiefel mit wenig variierenden Gesängen durch, wovon ich persönlich ja sowieso ein großer Befürworter bin. Die Angelegenheit auf dem Rasen verlief derweil über die meiste Zeit so, wie es bei den Vorzeichen zu erwarten war. Unsere Kicker nahmen mit eigenem Ballbesitz nur sporadisch am Spielgeschehen teil und beschränkten sich darauf, den Gastgebern, welche bis dato auf heimischen Rasen noch keinen einzigen Zähler abgegeben hatten, defensiv die Stirn zu bieten. Angesichts der vorliegenden Kräfteverhältnisse sicher nicht die schlechteste taktische Marschroute, die allerdings nicht vollends aufging. Nach einer genialen Einzelaktion von Wirtz lag die Murmel doch im falschen Tornetz. Auch nach dem Seitenwechsel sollte sich die Szenerie zunächst nicht ändern und als der Tabellenführer nach einer Stunde auf den Zwei-Tore-Vorsprung stellte, schien die Messe endgültig gelesen zu sein. Doch einem Freistoß von Grifo ließ Gulde den Anschlusstreffer und die erste Hütte auf fremden Divisionsterrain seit Mitte August folgen, die quasi aus dem Nichts und durchaus überraschend kam. Noch überraschender war jedoch daraufhin der Auftritt des SCF in der Schlussphase der Begegnung. Auf einmal war die Elf aus dem Breisgau in der Lage richtigen Fußball zu spielen und auch ein Remis rückte in den Bereich des Möglichen. Erwartet werden konnte dies freilich nicht, aber hinsichtlich einem überraschenden (Teil-)Erfolgserlebnis war man dann schon auf den Geschmack gekommen. Entsprechend blickte manche Miene bei Antritt des Heimweges doch etwas geknickt drein, als es letztlich für geteilte Punkte, die fairerweise auch nicht wirklich die Spielanteile wiedergegeben hätten, nicht reichte.

Naja. Legte man das Augenmerk auf das Positive, dann konnte der Mannschaft die Moral nach einer beherzten Schlussoffensive nicht abgesprochen und zugleich festgehalten werden, dass immerhin nicht länger als nötig bei den Pillendrehern vom Bayerkreuz verweilt werden musste. Bei dem Gedanken an das Klingeln des Weckers zum Start der neuen Woche kamen ohnehin schon genug Kopfschmerzen auf.

Daten & Fakten:

Begegnung: Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH – Sport-Club Freiburg e.V. 2:1 (1:0)
Wettbewerb: Bundesliga – 9. Spieltag
Wann und Wo: Sonntag, 29. Oktober 2023, Ulrich-Haberland-Stadion Leverkusen
Zuschauerzahl: 30.200, davon etwa 2.000 SC-Fans
Den Greif auf der Brust trugen: Atubolu – Sildillia, Ginter, Lienhart (66. Gulde), Kübler – Doan, Eggestein (66. Gregoritsch), Höfler, Röhl (81. Adamu), Grifo (81. Weißhaupt) – Höler
Tore: 1:0 Wirtz (36.), 2:0 Hofmann (60.), 2:1 Gulde (70.)