Rauschten wir im Vorjahr noch nahezu konkurrenzlos als Spitzenreiter durch unsere Gruppe der Europa League, war in diesem Jahr mit West Ham United dann doch ein größerer Brocken mit von der Partie, weshalb wir am Ende der Gruppenphase also enttäuschend nur als Tabellenzweiter in der K.-O.-Runde eintrudelten – * Ironie aus *. Dass ein erneutes Überstehen der Gruppenphase alles andere als erwartet werden konnte und eine definitiv beachtliche Leistung ist, sollte jedem Sport-Club Fan klar sein. Ob nun im Achtelfinale oder den Playoffs des Europacups überwintert wurde, trübte das allgemein absolut positive Fazit zum Jahreswechsel jedenfalls nicht. Und was (mit der Achtelfinal-Teilnahme) noch nicht ist, kann ja trotzdem noch kommen.

Mit besagtem zweitem Platz bekommt man es inzwischen bekanntlich in einer Zwischenrunde mit einem Drittplatzierten aus einer Champions League Gruppe zu tun. Dabei besteht der einzige Vorteil gewiss darin, dass man im Gegensatz zu einer direkten Achtelfinal-Qualifikation nicht erst wenige Tage vorher weiß, wohin die Reise geht. Angesichts einer Planungszeit von etwa zwei Monaten ließ sich die Auslosung zum Jahresende doch etwas stressfreier angehen, was nicht bedeutete, dass wir dieser mit weniger Spannung entgegensahen. Mit der AC Milan, Feyenoord Rotterdam oder Benfica Lissabon waren namhafte und hochkarätige Lose mit im Topf. Gezogen wurde schlussendlich der RC Lens. Sportlich gesehen sicher eine harte Nuss, immerhin holten die Nordfranzosen in ihrer Königsklassen-Gruppe acht Punkte und schlugen zu Hause sogar den FC Arsenal. Angst machte sich ob des bevorstehenden Duells mit dem französischen Meister von 1998 jedoch nicht breit. Im Gegenteil: Vielmehr kam doch recht schnell Freude auf, dass für die Tour ins Nachbarland keine Flugreise von Nöten war und so sollte die gut 600 Kilometer lange Strecke per Busfahrt absolviert werden. Im Anschluss vergingen allerdings erst einmal einige Wochen, bis spätestens mit dem Beginn der Choreo-Arbeiten das Auswärtsspiel wieder ins Blickfeld rückte. Mitten in der Nacht zum Donnerstag rollte dann unser Bus los und die Grenze zum Elsass war noch nicht einmal passiert, als schon die ersten Vollpfosten auf der Guthabenkarte gegen ein Kaltgetränk eingelöst wurden. Sehr entspannt, aber doch etwas länger als erwartet gestaltete sich die Hinfahrt, bis man zur Mittagszeit schließlich am Place Roger Salengro in Lens ausstieg, auf welchem auch nochmal eine neue Ladung der weißen Regenjacken verkauft wurde. Da die besagte Parkfläche in der etwas mehr als 30.000 Einwohner fassenden Stadt nicht sonderlich viel zu bieten hatte, versuchte man sein Glück in den umliegenden Kneipen und Imbissen, welche kurioserweise jedoch wenig Interesse an der Erzielung von Umsatz hatten. Während die einen das Bier für gut 10 Euro verkauften, hielten sich die anderen strikt an ihre Mittagspause und machten die Läden von 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr dicht. Immerhin wurde der Supermarkt um die Ecke direkt ausfindig gemacht, wodurch der Bierdosenvorrat aufgefüllt werden konnte. Das Ganze entwickelte sich also eher zu einer Parkplatz Party, die sich allerdings bis zum Abend dann doch ziemlich in die Länge zog.

Doch spätestens als man sich gemeinschaftlich warm sang, stieg die Lust auf das Spiel wieder in die Höhe. Gegen 18:00 Uhr war es dann endlich so weit und der Tross an anwesenden SC-Fans setzte sich lautstark in Bewegung. Im einheitlichen Weiß gab man hierbei wieder einmal ein hervorragendes Gesamtbild ab, was auch schaulustigen Anwohnern und Teilen des Heimpublikums nicht verborgen blieb. Leider zählten zu Letzterem auch wenige feige Vollidioten, die von einer Randseite Böller in die Masse an Sport-Club-Anhängern warfen. Die Gemengelage war nun für einige Augenblicke weitestgehend unübersichtlich und die Tatsache, dass die sichtlich überforderten Bullen einfach völlig planlos einen Haufen Pfeffer in der Menge verteilten, erzeugte nicht gerade eine deeskalierende Wirkung. Dank eines besonnenen Verhaltens der Breisgauer Schlachtenbummler konnte der Marsch jedoch wenig später fortgesetzt werden und es war schön zu sehen, wie solidarisch etliche Flaschen an Wasser in die ersten Reihen vorgegeben wurden, damit sich die von der sinnbefreiten polizeilichen Maßnahme Betroffenen Gesicht und Augen auswaschen konnten. Auf dem weiteren Weg in Richtung Stade Bollaert-Delelis ließ man es sich dann auch nicht nehmen, weitere Gesänge zum Besten zu geben und vereinzelte Fackeln anzureißen. An besagter Spielstätte angekommen, zogen sich die Einlasskontrollen unter beginnendem Nieselregen dann leider noch etwas in die Länge, trotzdem konnte man den Block beizeiten betreten. Das Stadion machte einen schicken Eindruck, kommt es doch noch wie ein traditionelles Fußballstadion mit vier eigenständigen Tribünen daher. Gespannt war ich vor allem auf die akustische Darbietung des Heimanhangs, welcher sich auf drei voneinander getrennte Stimmungsblöcke verteilt. Zum Einlaufen gab es dann auch mit einem gelb-roten Fahnenmeer im gesamten Rund einen optischen Hingucker. Die Vereinsfarben, die in der hiesigen Bergbauregion vor allem als “Blut und Gold” bekannt sind, sind sicher eine nicht alltägliche und anschauliche Kombination. Unsere Choreo im Gästeblock unter dem Motto “Wo auch immer du spielst… Für dich kein Weg zu weit” erstrahlte hingegen mit etlichen Doppelhaltern sowie Fahnen in Weiß und Rot.

Auch stimmungstechnisch konnte man, wie von den europäischen Auftritten zuvor fast schon gewohnt, über nahezu die gesamte Spielzeit lautstark überzeugen und musste sich vor den heißblütigen Kurven der Gegenseite keineswegs verstecken. Vor allem der Hit passend zum Spruch der Choreo durfte an diesem Tag natürlich nicht fehlen. Beflügelt wurde die Atmosphäre ebenso von einer spannenden Partie auf dem Rasen, in der unsere Jungs von Beginn an alles reinwarfen und phasenweise auch sicherlich mehr vom Spiel hatten. Aufgrund der knappen Personalsituation musste in der Innenverteidigung zwar etwas umdisponiert werden, doch Yannik Keitel zeigte auf der nicht erlernten Position eine grandiose Leistung. Unsere Defensive sollte für die Hausherren nicht zu knacken sein und auch den Schock eines Abseitstreffers der „Lensois“ schüttelte der SCF direkt ab. Als Maxi Eggestein mit einer Riesenchance die Führung auf dem Fuß hatte, machten sich auf den Rängen der Gästekurve wohl nicht wenige schon zum Jubeln bereit, doch es hat nicht sein sollen. Letztlich stand am Ende ein 0:0 auf der Anzeigetafel, mit welchem man unterm Strich aber zweifelsohne zufrieden sein durfte und für das Rückspiel an der Achim-Stocker-Straße alles offenblieb. Entsprechend wurde auch auf dem Heimweg mit mancher Köstlichkeit der Getränkebar auf eine starke Vorstellung der weiß-roten Kicker angestoßen. Eine beeindruckende Mannschaftsleitung, die wie mittlerweile bestens bekannt, den Grundstein für eine magische Nacht eine Woche später im Mooswaldstadion legte.

Daten & Fakten Hinspiel:

Begegnung: Racing club de Lens – Sport-Club Freiburg e.V. 0:0
Wettbewerb: Europa League – Playoff-Zwischenrunde, Hinspiel
Wann und Wo: Donnerstag, 15. Februar 2024, Stade Bollaert-Delelis, Lens
Zuschauerzahl: 38.194, davon etwa 2.000 SC-Fans
Den Greif auf der Brust trugen: Atubolu – Gulde, Keitel, Kübler – Doan, Eggestein, Höfler, Makengo – Sallai (86. Philipp), Röhl (79. Grifo), Höler (86. Gregoritsch)

Daten & Fakten Rückspiel:

Begegnung: Sport-Club Freiburg e.V. – Racing club de Lens 3:2 n.V. (2:2) (0:2)
Wettbewerb: Europa League – Playoff-Zwischenrunde, Rückspiel
Wann und Wo: Donnerstag, 22. Februar 2024, Mooswaldstadion Freiburg
Zuschauerzahl: 34.700
Den Greif auf der Brust trugen: Atubolu – Sildillia (46. Weißhaupt), Gulde (86. Ginter), Kübler (101. Günter) – Doan, Eggestein, Höfler, Makengo (46. Gregoritsch) – Sallai (106.Muslija), Röhl (86. Grifo), Höler
Tore: 0:1 Pereira da Costa (28.), 0:2 Wahi (45.), 1:2 Sallai (67.), 2:2 Sallai (90+2.), 3:2 Gregoritsch (99.)