Wenn auch man die Sommerpause in den letzten beiden Saisons aufgrund der Vielzahl an Pflichtspielen sicherlich nochmal etwas mehr zu schätzen lernte, kehrte letztlich dann doch auch in der diesjährigen längsten spielfreien Periode pünktlich die Sehnsucht nach SC-Fußball zurück. Spätestens mit Anbruch des Augusts und dem Start anderer in- und ausländischer Ligabetriebe ist es zumindest um mich dann eigentlich immer geschehen. Da konnte auch noch so viel Ablenkung mit anderen sommerlichen Sportereignissen betrieben werden – die weiß-rote Droge ist einfach nicht zu ersetzen.

Standesgemäß ist die erste Dosis hiervon zu Beginn einer neuen Spielzeit in der ersten Hauptrunde des nationalen Vereinspokals vorgesehen, weshalb auch die vorausgehende Auslosung selbiger wie immer mit regem Interesse beäugt wurde. Dort folgte die Sport-Club Kugel auf die des VfL Osnabrücks, womit wir es mit einem sicherlich ambitionierten Drittligisten zu tun bekommen sollten. Meine erste Wahl hätte vermutlich anders ausgesehen, aber nach zurückliegenden Katzensprüngen anlässlich Pflichtspielauftakten in Mannheim, Würzburg und Kaiserslautern aus den Vorjahren (von der Partie gegen den SV Oberachern aus Mittelbaden ganz zu schweigen) hatte die Begegnung zweifelsfrei etwas klassischen Freiburger Erstrunden-Pokalflair. Für die, die es vielleicht schon wieder verdrängt haben: In den 2010er-Jahren sah die Losfee so gut wie jährlich für den Hochsommer einen Ausflug in den hohen Norden oder den entlegenen Osten Deutschlands vor. Die Reisestrapazen konnten unseren Jungs hierbei jedoch nichts anhaben, denn das Ticket für die zweite Runde konnte seit 2012 sowohl am anderen Ende der Republik als auch bei den oben genannten Herausforderern stets unter der Verantwortung von Christian Streich gelöst werden.

Diese obliegt nun seit dem 1. Juli 2024 Julian Schuster. Während unzählige Vereine beinahe jährlich mit einem neuen Gesicht an der Seitenlinie in eine Saison starten, geht ein Wechsel des Übungsleiters im Breisgau fast schon traditionell mit dem Ende einer Ära einher. Seit 1991 ist Schuster erst der fünfte hauptverantwortliche Kopf auf der Trainerbank, was unmittelbar mit den Amtszeiten von Streich (zwölfeinhalb Jahre) sowie der von Volker Finke (sechzehn Jahre) zusammenhängt. Das Erbe von Letzterem trat 2007 Robin Dutt an, welcher interessanterweise ebenfalls bei einer seiner ersten Aufgaben als SC-Trainer in Osnabrück gefordert war. In jenem Aufeinandertreffen ging der VfL mit 2:1 als Sieger vom Platz, allerdings nicht im Pokal, sondern am 1. Spieltag der damaligen Zweitligasaison. Ein Resultat, welches auch 17 Jahre später nicht völlig ausgeschlossen schien, aber doch eine weitaus größere Überraschung wäre. Denn seit dem von Dutt im Jahre 2009 vollbrachten Aufstieg ins Oberhaus ist der SCF in diesem mit einer Saison Abstinenz Dauergast, wohingegen die Lila-Weißen regelmäßig im Fahrstuhl zwischen Zweit- und Drittklassigkeit anzutreffen sind. Wie unangenehm jedoch ein Duell an der altehrwürdigen Bremer Brücke sein kann, erlebte man im Herbst 2021, als nach einem 120-minütigen Pokalfight das Pendel erst im Elfmeterschießen in Richtung Südbaden ausschlug. Gewarnt war man also vor der undankbaren Hürde Osnabrück. Nichtsdestotrotz machte man sich nach dem langen Sport-Club Entzug mit einiger Vorfreude im Gepäck und höchst motiviert auf den Weg nach Niedersachsen, was auch ein mobiles Intro von CRL im Gästeblock bestehend aus Fahnen, einem skizzierten Reisebus und etwas Rauch unter dem Motto “Mit Vollgas in die nächste Runde” verdeutlichen sollte.

Durchaus ein kreativer Gedanke, ehrlicherweise muss jedoch eingeräumt werden, dass der Hingucker zum Einlaufen der Mannschaften eher auf der gegenüberliegenden Heimkurve zu bestaunen war. Die dort beheimatete Osnabrücker Fanszene machte sich das temporäre Fehlen der Überdachung ihrer Tribüne (an der etwas in die Jahre gekommenen Spielstätte wurden im zurückliegenden Frühjahr offenbar sehr gravierende Mängel in der Dachkonstruktion festgestellt, weswegen die Ostseite des Stadions derzeit “oben ohne” auskommen muss) zunutze und sorgten mit einem chaotisch gestalteten Banner “Dachschaden seit 1974” sowie allerlei Fahnen, Konfetti und in die Luft geschossener Rauchelemente für ein südamerikanisches Gesamtbild. In meinen Augen eine sehr gelungene Aktion. Aber auch auf dem Feld gelang es zunächst den Hausherren die auffallenderen Akzente zu setzen. Die von Schuster beorderte Elf hatte zu Beginn so manche Schwierigkeiten und einzig aufgrund des offensiven Unvermögens verpassten die Gastgeber das Tor zur Führung in der Anfangsphase. Aber im Fußball können bekanntlich Nuancen entscheiden und was dem zwei Klassen tiefer spielenden Kontrahenten nicht vergönnt war, glückte dem SCF nach etwa einer halben Stunde gleich zweifach. Höler und Grifo stellten mit den ersten beiden vernünftig vorgetragenen Vorstößen in die gegnerische Hälfte per Doppelschlag auf 0:2 und die bisherigen Spielanteile somit auf den Kopf. Die Führung zum Seitenwechsel war definitiv eine schmeichelhafte, schob zugleich aber einen ohnehin schon guten Support im Gästeblock zusehends an. Bei angenehmen Temperaturen machte es nach dem langen Sommer in einem herrlich beschaulichen Bauwerk von Stadion ohne die Auswüchse des modernen Fußballs wie beispielsweise dem beschissenen Videobeweis einfach richtig Spaß, wieder gemeinsam am Rad zu drehen. Doch nach einem verrückten ersten Durchgang war auch in Abschnitt zwei mit Blick auf den Rasen Vorsicht geboten. Wenn auch der Sport-Club nun mehr Kontrolle über die Angelegenheit hatte, warfen die Niedersachsen weiterhin im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles rein und es wäre im Falle des Anschlusstreffers sicherlich nochmal ungemütlich geworden. Insofern steckte dann doch eine gewisse Erleichterung in dem Jubel über das von Adamu, nennen wir es erzwungene dritte SC-Tor.

Das inzwischen verdiente Weiterkommen war besiegelt, fiel fairerweise letztlich aber auch um mindestens einen Treffer zu hoch aus, als Adamu das Leder in der Nachspielzeit per Abstauber erneut über die Linie drückte. Wenngleich die Greifträger sich bestimmt nicht durchweg von ihrer stärksten Seite zeigten, konnte immerhin nicht behauptet werden, dass die Effizienz unter dem neuen Trainer abhandengekommen war. Was auf dem Grün noch nicht zu 100 % stimmte, konnte dafür zudem definitiv über den Auftritt auf den Rängen kompensiert werden. Hier zeigte man sich über 90 Minuten in lautstarker Frühform, weshalb man auch nach Schlusspfiff allemal zum Feiern aufgelegt war. Bleibt zu hoffen, dass man den weiß-roten Kickern ebenso lautstark zur Seite steht, sollten diese einmal nicht so viel Spielglück haben. So weit wollte man nach dem ersten Pflichtspiel jedoch nicht denken. Es überwog die Freude über den Einzug in die nächste Runde und die Tatsache, dass man endlich wieder der einzig sinnvollen Wochenend-Beschäftigung nachgehen kann – Immmer vorwärts, SCF!

Daten & Fakten:

Begegnung: VfL Osnabrück GmbH & Co. KGaA – Sport-Club Freiburg e.V. 0:4 (0:2)
Wettbewerb: Deutscher Vereinspokal – 1. Hauptrunde
Wann und Wo: Samstag, 17. August 2024, Bremer Brücke, Osnabrück
Zuschauerzahl: 15.741, davon etwa 1.500 SC-Fans
Den Greif auf der Brust trugen: Müller – Ogbus (70. Kübler), Rosenfelder, Lienhart, Günter – Doan (70. Muslija), Eggestein (80. Höfler), Osterhage, Grifo (83. Weißhaupt) – Höler (80. Gregoritsch), Adamu
Tore: 0:1 Höler (30.), 0:2 Grifo (34.), 0:3 Adamu (73.), 0:4 Adamu (90+4.)